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Salvia Divinorum - Die Wahrsagesalbei
Buchbesprechnung: David Aardvark, aus dem Amerikanischen von Juliana Tatcheva
Dieser Artikel wurde mit freundlicher Genehmigung der deutschsprachigen Zeitschrift
"Entheogene Blätter" Ausgabe 1 - Juni 2002 entnommen. Copyright maiLab-Hartwin Rohde
Die Entheogenen Blätter bieten interessante Information über psychoaktive Pflanzen, die
sonst nur wenig verfügbar sind. Auch Ausgabe 3 und 7 befasst sich mit Salvia divinorum, so
dass ein Blick in diese Zeitschrift wirklich lohnt. Mehr Informationen zu "Entheogene Blätter" - hier.
Salvia Divinorum - Die Wahrsagesalbei
Von Jochen Gartz mit einem Vorwort von Christian Rätsch.
Erschienen 2001 im Nachtschatten Verlag, Kronengasse 11, CH-4502 Solothurn, Schweiz, www.nachtschatten.ch,
ISBN3-907080-28-9, Taschenbuch, 9,70 , 73 S., 1 Zeichnung, 1 chemische Skizze, 1 Schwarz-Weiß-Foto, 13
Farbfotos. 6 zusätzliche Anzeigenseiten, mit Bibliographie und Literaturhinweisen, kein Index.
Dieses Buch kannst Du bei Head&Nature kaufen
Anmerkung der EB - Redaktion: Der Autor dieser Buchbesprechung ist US-Amerikaner und erwartet von einem
Buch über Salvia Divinorum wahrscheinlich grundlegend neue Erkenntnisse.
Er berücksichtigt dabei nur in geringem Maße, dass es sich um das erste in deutscher Sprache verfügbare
Buch zu Salvia Divinorum handelt.
Es lohnt sich daher auch
Salvia auf Deutsch - Eine literarische Gegenüberstellung
von Markus Berger aus der Entheogene Blätter 7 - Dezember 2002 anzuschauen.
"Salvia Divinorum - Die Wahrsagesalbei", ein
neues Buch von Jochen Gartz beginnt mit einem
Vorwort von Christian Rätsch, der die Dämonisierung
und das Verbot psychoaktiver Pflanzen in
der Geschichte kommentiert und berichtet, dass
sich S. divinorum im Kontext ihrer "Entdeckung"
durch die westliche Forschung bis vor kurzem einer
großen Popularität entzogen hat.
Er betont
das Übergewicht webbasierter Informationen
(unglücklicherweise gibt er dabei die falsche URL
für das Salvia Divinorum Forschungs- und Informationszentrum
an), und fasst hervorstechende
chemische und pharmakologische Details in Verbindung
mit Salvinorin A. zusammen. Er beklagt,
dass die sensationssuchende Presse ein Hindernis
für die wissenschaftliche Forschung sein kann und
meint, dass Verbote mehr Probleme hervorrufen
als sie vermeiden.
Das Buch geht dann in Kapitel
1 nach einer kurzen Einführung mit einem historischen
Zitat von Maria Sabina auf den gegenwärtigen
Stand der chemischen Isolation von Salvinorin
A in den 80ern ein.
Kapitel 2 handelt von frühen ethnobotanischen
Forschungen über die Identität von Salvia
Divinorum. Im Kontext der "Entdeckung" dieser
Pflanze von der westlichen Wissenschaft fasst er
die Erfahrungen von R. Gordon Wasson, Albert
und Anita Hoffmann, Maria Sabina und curanderas
Consuela (Garcia) zusammen. Er erwähnt
weiterhin die ungewöhnliche Assoziation einer
Schäferin in einem der gängigen Namen für die
Pflanze (hojas de la pastora) und vermutet, dass
Salvia Divinorum die heilige Pflanze der Azteken
pipilzintzintli gewesen sein könnte.
Kapitel 3 liefert eine botanische Beschreibung
der Pflanze und ihr natürliches Habitat in der
Sierra Mazatec und bemerkt, dass sie nirgendwo
anders vorkommt trotz der Behauptung der Einheimischen,
dass sie von woanders gekommen sei.
Gartz stellt fest, dass der glockenförmige Kelch
der Pflanze bläulich oder lila ist während die Corolla
immer weiß ist und er weist mit recht darauf
hin: "Jonathan Ott zählte 1996 sechs Publikationen
auf, die irrtümlicherweise bei den Farbzeichnungen
der Pflanze blaue Kronenblätter zeigten."
Trotz dieser Bemerkungen verwendet Gartz ein
Foto, auf dem die blühende Pflanze eine lila Corolla
aufweist und in eine Doppelblüte endet, deren
Blütenblätter nichts mit den Blütenblättern
der Salvia Divinorum zu tun haben! (Außerdem
sind die gezeigten Blätter auch keine Blätter der
Salvia Divinorum). Dieses Foto erscheint im mittleren
Farbteil des Buches mit der Überschrift "Diverse
Blütenstadien der Salvia Divinorum" . Als
ich Daniel Siebert bat dieses Foto von einer Blüte,
die mit Sicherheit kein Beispiel einer Salvia Divinorum
ist, zu identifizieren, stellte er fest, dass es
die Gartenvariation der Datura metel Blüte ist.
Leider wird dieses Foto nicht dazu beitragen, die
Verwirrungen um die Farbe der Pflanzenblüte zu
klären (um so mehr als dieses Foto sogar auf der
Rückseite des Einbandes wiedererscheint).
Des
weiteren zeigt Gartz im selben Kapitel unter
"Frischpflanzen und getrocknete Salviablätter"
eine andere Pflanze, die offensichtlich auch keine
Salvia Divinorum ist, sondern eher eine Art Solanaceae
(wahrscheinlich eine Brugmansia). Da
Gartz diese Fotos nicht selbst aufgenommen hat
und - wie wir in der Beschreibung des folgenden
Kapitels feststellen werden - er offensichtlich keine
eigene Erfahrung auf dem Gebiet der Züchtung
hat, was ihm hierbei zunutze gewesen wäre,
ist es höchst eigenartig, das er nicht auf die Hilfe
besser informierter Kollegen zurückgriff, um der
Frage nachzugehen, wie die Pflanze tatsächlich
aussieht bevor er die Fotos veröffentlichte.
Kapitel 4 diskutiert den Anbau der Pflanze in
starker Anlehnung an das amerikanische Buch "Salvia
divinorum Growers Guide" (SDGG). Tatsächlich
sind die Wortwahl und die Themen In
diesem ganzen Kapitel fast identisch, möglicherweise
übersetzt.
Zum Beispiel das Abraten
von Wurzelhormonen und der Vorschlag Weidenkätzchen
zur Herstellung von Auxin zu benutzen,
die Angabe einer ähnlichen "optimalen" Temperaturspanne
für das Einpflanzen, die selben Zeitangaben
für das Umpflanzen, dieselben drei Erdmischungen
in derselben Reihenfolge, dieselbe
PH-Spanne für die Erde und ähnliche Textpassagen
wie z.B. "despite what many people believe, it
is possible to grow Salvia divinorum outside a
humidity-controlled environment..." (aus SDGG)
wiedergegeben als "Entgegen mancher Meinung
ist es jedoch möglich, Salvia divinorum außerhalb
einer sehr feuchten Atmosphäre...".
Das Kapitel
geht dann weiter mit der Beschreibung der Akklimatisation
der Pflanze indem es exakt dieselbe
Zeittabelle aus SDGG benutzt, exakt dieselben
Vorschläge und Warnungen für Innenbeleuchtung,
exakt dieselben Anweisungen für hydroponischen
Anbau, dieselben Theorien hinsichtlich der bräunlichen
Blätterverfärbung (Stress und/oder ein Virus,
der sich im exzessiven Klonen äußert), dieselben
Kommentare über Düngebedürfnisse, dieselben
potentiellen Schädlinge und Methoden deren
Bekämpfung, eingeschlossen derselben Raubinsekten
und dem Vorschlag, das Kupferschlangenband
nach einem Jahr auszuwechseln.
Da dieses
Kapitel von Gartz Buch zum größten Teil eine
deutsche Übersetzung des SDGG ist, bleibt zu
hoffen dass Gartz hierfür sinnvolle Vereinbarungen
traf.
Kapitel 5 enthält Daten über die chemische
und pharmakologische Erforschung von Salvia divinorum
- Informationen die bereits sehr gut in 2
älteren Artikeln behandelt worden sind [OTT
1995, OTT 1996]. Sogar Kapitel 6 über die psychoaktiven
Effekte der Salvia Extrakte enthält
hauptsächlich Tripreports, die schon woanders
veröffentlicht worden sind und zitiert Wasson,
Valdès ,Schuldes und Turner.
Kapitel 7 "Untersuchungen
mit reinem Salvinorin A" zitiert aus
Sieberts "Labornotizen" ,bespricht einen Tripreport
aus Turners Buch und berichtet über Otts
Experimente mit reinen verdampften Verbindungen
und sublingualen Aceton/DMSO Mischungen.
Kapitel 6 und 7 enthalten nur zwei oder drei
Tripreports (wenn überhaupt), die ich nicht schon
gelesen hatte.
Gartz fasst die Erkenntnisse aus den
Nova Screen Tests über das Fehlen von
Neurorezeptor-Bindungen zusammen und unterstreicht das
hohe Potential von Salvinorin A. Bezug nehmend
auf Jonathan Otts Verwunderung, warum die traditionellen
Mazatecen das hohe Potential der Pflanze
nicht erkannten, erklärt er das mit der Tatsache,
dass sie nicht das nötige chemische Wissen besaßen,
um die Extrakte von Salvinorin A. herzustellen,
und dass ihre Unwissenheit zu ihrem Vorteil
war.
Gartz meint, dass die Kombination von reinem
Salvinorin A. mit sehr bekannten Tryptaminen,
Phenethylaminen oder LSD in hoher Dosis
(wie es in manchen Tripreports beschrieben wurde),
ein unverantwortliches Konsumverhalten ist,
das im starken Kontrast zur Benutzung von Pflanzenextrakten
unter traditioneller Führung bei Ritualen
in Mexiko steht (dort sind keine Überlieferungen
zu Problemen bekannt).
Obwohl solch eine
Einstellung auf die romantische Idee der "eingeborenen
Weisheit" zurückgreift und in manchen Fällen
zutrifft (wie z.B. beim Extrakt von Kokain aus
Coca-Blättern und den daraus resultierenden
Suchtproblemen), ist es nicht in jedem Falle korrekt
anzudeuten, dass die eingeborenen Drogenbenutzer
grundsätzlich keine psychoaktiven Pflanzen
miteinander mischen. Es ist bekannt, dass in
manchen Ayahuasca Zubereitungen Engelstrompete
und Tabak benutzt werden. Ähnliche Verfahrensweisen
werden beim Gebrauch von San Pedro
durchgeführt, außerdem scheint Gartz der Report
entgangen zu sein, dass die Mazateken gleichzeitig
psilocybinhaltige Pilze, also Tryptamine, mit
Salvia Divinorum benutzten [Emboden, 1979].
Genau so wie reine Bestandteile mit Respekt behandelt
werden müssen, sind deren heutige Mischungen
für psychonautische Zwecke nicht anders
als bei den alten Einheimischen zu nutzen. "Nimm
dich in Acht oder du bekommst einen Tritt in den
Hintern (oder schlimmer)"; selbstverständlich gibt
es eine Lernenkurve und die Pflanzen (oder Substanzen)
teilen einem mit, wenn man sich auf dünnem
Eis bewegt.
Schließlich fasst Gartz im Kapitel 8 alles zusammen,
wobei er erwähnt, dass noch eine Menge
Mysterien zu dieser Pflanzen existieren, die Tatsache
anspricht, dass auch verwandte Pflanzen entdeckt
werden können, die Salvinorin A. oder ähnliche
Bestandteile beinhalten, und dass die neuen
Methoden der Erforschung des Gehirns und seinen
Interaktionen mit psychoaktiven Chemikalien
- wie PET scans - schließlich mit der Entdeckung
enden könnten, welche Teile des Gehirns
den engsten Zusammenhang mit den visionären
Eigenschaften des Salvinorin A. aufweisen.
Dieses Buch stellt eine prägnante Übersicht
über die Geschichte der Salvia Divinorum bis ins
neue Jahrtausend dar, indem es die Aspekte der
Ethnobotanik, der Pharmazie, der Kultivierung,
der Chemie und des gegenwärtigen Gebrauchs erstmalig
und exzellent zusammenstellt. Leider enthält
es keine neueren Informationen wie zum Beispiel
die Methode der Extraktgewinnung aus einer
Lösung, die in Mailinglisten speziell interessierter
Gruppen diskutiert wird, oder die Benutzung
von Salvia Divinorum bei religiösen Meditationen
[Soutar & Strassmann 1999-2000], oder
als Antidepressant [Hanes 200]). Er betritt auch
kein neues Feld, um das noch nicht erforschte
(aber potentiell potente) Salvinorin C. zu testen
[Valdes 2000; Valdes et al.2001].
So viel ich weiß,
gibt es gegenwärtig vier Bücher über Salvia divinorum
in Englisch [Turner 1996, Sociedad para la
Preservation de la Plantas del Misterios 1998,
Aardvark 1998-2001, Shayan 2001], außerdem
ein kleineres Büchlein [Anonym 1999] und eigenständige
Kapitel in diversen anderen Büchern [Heffren
1974, Foster 1984, Pendell 1995, Rätsch
1998], ein webbasiertes FAQ [Sage Student
2002], einen Führer [Sage Student 2000], zahlreiche
Zeitschriftenartikel und eine gigantische
Website mit den aktuellsten Informationen und
Daten auf dem Gebiet (www.sagewisdom.org).
Ich fürchte, hier stellt sich zwangsläufig die Frage,
brauchen wir zum jetzigen Zeitpunkt ein weiteres
Buch über Salvia Divinorum? Die Antwort könnte
"Ja" lauten, hauptsächlich allerdings, weil dieses
Buch auf Deutsch ist und so ein Publikum
erreichen kann, das Schwierigkeiten hätte, die Informationsflut
in Englisch zu bewältigen.
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